Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 5. Mai 1999

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"Im Internet wird der Datenschutz vergessen
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, hat schwere Verstöße gegen den Datenschutz gerügt. In seinem Tätigkeitsbericht kritisiert er vor allem die zum Teil ausufernde Videoüberwachung von unbescholtenen Personen. Diese sollten unter Strafe gestellt werden. ... Vor allem ins Internet würden oft sorglos Angaben zur Person gestellt. Kaum jemand wisse, was mit seinen Daten im Netz geschehe und wer letztlich Zugriff habe. ... Mit Sorge betrachtet der Datenschutzbeauftragte die Zunahme der Datenabgleiche bei den Sozialleistungen. ... Nach dem Menschenbild des Grundgesetzes dürfe der Staat aber nicht jedermann als potentiellen Rechtsbrecher betrachten. ... Jacob forderte, das Datenschutzrecht zu erneuern." MoPo 5.5.99 S. 5

"Bundesbeauftragter verlangt neue Datenschutzgesetze / Zweijahresbericht: Anpassung an neue Technik überfällig" BerlZtg 5.5.99 S. 1

"Eigenverantwortung der Bürger für Datenschutz / Jacob: Informationen nicht sorglos weitergeben
... Kritik übte Jacob an der räumlichen Situation vieler Arbeitsämter. Noch immer müßten Arbeitsuchende hinnehmen, daß andere Bewerber bei der Bearbeitung der Angelegenheit neben ihnen sitzen und so alles mitbekommen würden. ... Gewaltigen Mißbrauch gab es, so Jacob, auch mit Fangschaltungen, die man sich eigentlich nur einrichten lassen könne, wenn man obszöne oder bedrohende Anrufe erhalte. 'Besonders betroffen haben mich mehrere Fälle im Zusammenhang mit Frauenhäusern gemacht', sagt Jacob. Ehemänner hatten mit erlogenen Behauptungen gegenüber den Telekommunikations-Unternehmen versucht, den Aufenthaltsort ihrer Frauen herauszufinden." BerlZtg 5.5.99

Kommentar:
"Keiner kämpft für den Datenschutz
Es ist nicht allein der drögen Amtsführung des derzeitigen Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Joachim Jacob, anzulasten, daß es um den Schutz unserer wichtigsten Bürger- und Freiheitsrechte vor dem Zugriff informationshungriger Behörden und Privatunternehmen so schlecht bestellt ist. Dem Datenschutz fehlt in Deutschland eine engagierte, kämpferische, öffentlichkeitswirksame Figur, eine Art Rupert Neudeck der informationellen Selbstbestimmung. ... Die explosionsartige Verbreitung von PCs in den letzten zehn Jahren und die Gewöhnung an diese attraktive Technologie haben bei den 'Usern' kein Bewußtsein dafür wachsen lassen, welche Gefahren für das Recht auf Privatheit mit der modernen Datenverarbeitung verbunden sind." BerlZtg 5.5.99 S. 4

"Datenschutz / Jeder ist 52mal erfaßt / Alarmierende Verstöße / Mißbrauch bei Videoüberwachungen und im Internet
... Kritik übte der Datenschützer an den sogenannten Haushaltsbefragungen. Diese kommerziell durchgeführten Umfragen seien unter datenschutzrechtlichen Aspekten 'sehr problematisch'. Schon jetzt sei jeder erwachsene Deutsche 52mal in Unternehmensdatenbanken registriert." ND 5.5.99 S. 1

"Gefahr beim Internet-Einkauf / Rechtliche Regeln fehlen
... Sorge bereiteten dem Datenschutzbeauftragten auch die Video-Überwachung im privaten Sektor. Während diese Art der optischen Kontrolle für staatliche Zwecke in den Polizeigesetzen sowie in der Strafprozeßordnung detailliert geregelt sei, gebe es für den privaten Einsatz keine rechtliche Klarheit. ... Noch sei diese Art der Kontrolle in Deutschland nicht allgegenwärtig; es gebe aber eine Tendenz zu einer vermehrten Video-Überwachung, insbesondere in den Innenstädten, hob Jacob hervor." FAZ 5.5.99 S. 4

"Gläserne Konsumenten per Mausklick / Datenschützer Jacob kritisiert laxen Umgang mit privaten Daten
... CD-ROMs mit Adressen und den zugehörigen Kundeneigenschaften, die besonders in den USA angeboten werden, bestätigen die Befürchtung, Internet-User würden gegen ihren Willen zu kommerziellen Zwecken benutzt. Jacob prangerte zudem die unklare Rechtslage bei der Kontrolle privater Sicherheitsdienste an. Das Datenschutzgesetz sei an dieser Stelle 'zu allgemein'. Wachdienste legten Dossiers über Privatpersonen an und spielten 'verdeckte Ermittler'. ... Und auch für die staatliche Seite, etwa den Bundesgrenzschutz, der seine Datenbestände bei 'verdachtsunabhängigen Kontrollen' auffüllt, fordert Jacob verbindliche Regelungen." taz 5.5.99 S. 9

"Jacob warnt Bürger vor Leichtsinn im Internet / Datenschutzbeauftragter fordert besseren Schutz der Persönlichkeitsrechte - Bericht vorgestellt
... Das Datenschutzszenario habe sich grundlegend geändert, sagte Jacob bei der Vorlage seines Tätigkeitsberichtes. 'Der moderne Mensch fürchtet kaum noch den allmächtigen Staat. Aber das, was private Unternehmen mit seinen Daten machen oder machen könnten, bereitet ihm großes Unbehagen.' In diesem Zusammenhang übte Jacob massive Kritik an den sogenannten Haushaltsbefragungen. Für die Erfassung der Daten gebe es kaum rechtliche Regelungen, so daß der Bereich 'sehr problematisch' sei. ... Beim virtuellen Schaufensterbummel hinterlasse jeder Nutzer Datenspuren, die vom Anbieter aufgezeichnet werden könnten. Hier seien weltweit verbindliche Regelungen erforderlich." WELT 5.5.99 S. 4

Kommentar:
"Datenschutz vor dem Aus?
... Die Angst vor einer vermeintlichen Daten-Sammelwut des Staates ist in den Hintergrund gedrängt, im Mittelpunkt steht nun der private elektronische Datenfluß. Der Umgang mit ihm ist nicht kontrollierbar. ... Der Datenschutzbeauftragte weiß um die Ohnmacht der Ordnungspolitik und setzt darum auf die Selbstbindungskräfte der Wirtschaft. Ein 'Datenschutz-Engel' für Unternehmen, die sorgsam mit Kundendaten umgehen und diesen überdies Möglichkeiten der Kontrolle einräumen, ist ein ideales Ziel. Die Erfahrungen in der Umweltpolitik nähren allerdings Zweifel an der Wirkung freiwilliger Selbstkontrolle. Stehtder Datenschutz also nur an einem Wendepunkt? Oder steht er vor dem Aus?" WELT 5.5.99 S. 10

"Sorge um die Privatsphäre / Experten fordern Ausweitung des Datenschutzes auf die private Wirtschaft
... Bei der Liberalisierung des Telekommunikations- und Postdienstmarktes komme gelegentlich der Eindruck auf, daß das Prinzip vom 'König Kunde' auf den Kopf gestellt werde, sagte Jacob. Als Beispiel nannte er die Datenstruktur der GSM-Telefonnetze (D 1; D 2; E-plus). Bei ihrer Konzeption sei eine unübersehbare Fülle von Datenspeicherungen festgelegt worden, von denen viele bis heute nicht benötigt würden." HB 5.5.99 S. 7

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"Besucherverhalten wird kontrolliert / Websuccess analysisiert und bereitet die Daten auf
... Die neue 3.0-Version des Analyse-Tools 'Websuccess' der badischen Softline GmbH ... beispielsweise bietet Marketiers und Webmastern wertvolle Hinweise über Kundenwünsche und für die Webseiten-Optimierung. .. Nicht nur wie oft eine Webseite angeklickt wird, auch wie, wann und von wem sie besucht wird, analysiert Websuccess. Denn dank eines integrierten Adressen-Cache können kryptische IP-Adressen in Domaine-Namen aufgelöst werden. So lassen sich Besucher wiedererkennen und die Wege nachvollziehen, die sie auf dem Hostserver zurücklegten." HB 5.5.99 S. 58

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"Mieter / Keine Kündigung wegen falscher Selbstauskunft
... ...Urteil des Landgerichts Wuppertal. Zwar sei der Vermieter grundsätzlich berechtigt, im Rahmen einer Mieterselbstauskunft Fragen nach den Vermögensverhältnissen zu stellen. Die wahrheitswidrige Beantwortung sei eine arglistige Täuschung und eine gravierende Pflichtverletzung, stellten die Richter fest. Eine fristlose Kündigung sei aber nur möglich, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der falschen Angaben unzumutbar ist. Dafür gäbe es im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte, da der Mieter seit Einzug in die Wohnung vor zwei Jahren die vereinbarte Miete regelmäßig gezahlt habe ... (Az. 16 S 149/98)." ND 5.5.99

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"DATEN ZU NKWD-OPFERN" BerlZtg 5.5.99 S. 6

"DRK erhält Geheimdaten über die NKWD-Lager" MoPo 5.5.99 S. 8

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LOKALES

"Zunächst ein Online-Katalog realisert / Berliner Bibliothek präsentieren ihre Schätze im Netz" HB 5.5.99 S. 68

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"Nördliche Fahndung / Schleswig-Holstein hat neues Fahndungskonzept gegen 'Schmuggler, Schlepper, Autoschieber'. Die Bilanz des Innenministers: selbstzufrieden
... Täglich wertet die Verkehrspolizeidirektion im nördlichsten Bundesland die Daten als Festgenommenen aus. Informationen werden zusammengetragen über Anreise- und Fluchtwege, bevorzugte Fahrzeugtypen und Täterprofile. Damit werden Raster erstellt, nach denen Pkws und Lkws zu verdächtigen Fahrzeugen erklärt und bei künftigen Kontrollen aus dem Verkehr gefischt werden." taz 5.5.99 S. 9

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